Scans a.d. Broschüre "Geißkopf"(NICHT copyrightfrei)


Seite 6 und 7 der Broschüre:

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Viele Jahrzehnte war es still um den Geißkopf. Kaum jemand wußte noch, daß 120 Höhenmeter über der Sohle des hinteren Helmbachtals knapp links von dem Pfad, der von der Geißwiese zum Taubensuhl zieht, die Reste alter Ge- mäuer zu finden waren. Nur in den dienstinternen Forsteinrichtungswerken für das Forstamt Elmstein-Süd waren die Ruinen auf dem Geißkopf immer wieder
genannt, so beispielsweise auch 1930.
In der engsten Umgebung wußte man
noch etwas davon, aber man wußte
nichts Genaues. Hinter vorgehaltener
Hand munkelte man von seltsamen
Erscheinungen und Sachverhalten. Von
einer gewissen ,,Horambel'' erzählte
man sich, von jener struppigen schreck-
Iichen Alten vom Geißkopf, mit der man
die Kinder das Fürchten Iehrte. Und von
deren Nachbarn, dem ,,mit de blecherne
Rotznas' aus de Hä(n)gräd'' - dem mit
der blechernen Rotznase aus der
Haingeraide. Schließlich war in diesem
Zusammenhang immer auch von einem
vorsätzlich falschen Prozeßbericht die
Rede, mit dem die Geißkopfbauern
getäuscht und zum Verkauf bewogen
worden sein sollen.
Roland Betsch hat1939 den Geißkopf
und die großen Waldbrände dort, wenn
auch beiläufig, in seinen Roman ,,Balla-
de am Strom" verwoben.
,,Ein reitender Bote kam Ieider zu spät''
titelte 1 962 die Tageszeitung DIE
RHEINPFALZ und beklagte, daß es
damals weder geschichtliche Kenntnisse noch Kartenhinweise oder gar
Hinweisschilder zu den Geißkopf-Ruinen gab.
Seitdem haben sich die Dinge wesentlich geändert. 1971 ist die inzwischen
vergriffene Broschüre ,,Werden und
Vergehen der Waldbauernsiedlung auf
dem Geißkopf' von Arnold Ruby erschienen. Ruby, inzwischen verstorben,
war Hauptlehrer im nahen Iggelbach. Er
hat die Holzmacher befragt und kannte
die Kellerhöhlen, die alte Steintreppe und
das aufgemauerte kreisrunde Boden-
Ioch auf dem Geißkopf mitten im Wald.
Zwei oder drei Sekunden dauerte es, bis
man den fallenden Stein ins Wasser
platschen hören konnte, berichten Zeu-
gen aus der Zeit, in der das Brunnenloch
noch nicht aufgefüllt war. Ruby durch-
forschte geduldig und gewissenhaft die
wenigen greifbaren Akten und Urkunden
im Staatsarchiv Speyer und Stadtarchiv
Annweiler, die Kirchenbücher von Elmstein, Wilgartswiesen und Annweiler, die
Unterlagen der Forst- und Finanzbehörden nach Hinweisen auf den Geißkopf.
Auf das Ergebnis seiner Ermittlungen
beruft sich Walter Eitelmann, der Autor
des Katalogs „Rittersteine im Pfälzer-
wald'', bei der Beschreibung der Rittersteine Nr. 186 (Geiskopferhof) und 187
(Geiswieserhof). Nicht zuletzt fußt auf
Rubys Publikation teilweise auch die
1989 in den Berichten zur deutschen
Landeskunde e. V. erschienene Unter-
suchung ,,Höfe im oberen Helmbachtal''
von Christoph Jentsch, Klaus Hünerfauth und Dieter Kreye vom Geographischen Institut Mannheim im Rahmen
von Forschungen zum Thema ,,Hofsiedlungen und -wüstungen im Pfälzerwald
als Beispiele für die neuzeitliche
Umbewertung des Siedlungslandes".
Ihre Erkenntnisse sind in geraffter Form
vor Ort in Bronze zu Iesen:
Der Text des auf Seite 5 abgebildeten
Denksteins hat folgenden Wortlaut:

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WALDBAUERNSIEDLUNG GEISSKOPF
(Name Geiss ist abgeleitet von Gauch = Kuckuck) (1)

Um 1770 Vermutlich hier erstes Wohnhaus.

1789 Andreas Bügler, 88jährig seit 1740 Harzbrenner bei der Geißwiese,
ersteigert den Erbbestand Geißkopferhof vom herzoglichen Haus
Zweibrücken.
.
1790 Erbbestand geht auf die Bügler-Söhne Konrad und Sebastian
über gegen Zahlung von jährlich 200 Gulden und 6 Malter Korn an die
Vogtei Annweiler.

um 1795 Geißkopfbauern geraten in harte Mitleidenschaft infolge der Kriegswirren durch die zurückziehenden französischen Truppen.

1797 Andreas Bügler stirbt hier.

1809 Sebastian Bügler verkauft seinen Hofanteil je zur Hälfte an seinen Bruder
Heinrich und Andreas Heidinger, Bürger zu Iggelbach.

1814 Bayern wird in der Pfalz Rechtsnachfolger der Fürstenhäuser.

1816/17 Hungersnöte erleiden die mehr als 40 Bewohner auf dem Geißkopf;
infolge anhaltender Regenfälle verfaulen die Kartoffeln und
anderen Erzeugnisse des Bodens.

bis 1845 Viele Rechtsstreitigkeiten u. a. um Rodungen, Holzrechte und
Pachtzins-Rückstände sowie die kargen Ergebnisse der
Landwirtschaft erschweren das Leben der auf 72 Seelen
angewachsenen 11 Familien (mit 65 Stück Vieh) zunehmend.

1846 Die Geißkopfbauern entschließen sich zum Verkauf des Hofgutes an den
Staat Bayern für 24 000 Gulden. Die Bewohner übersiedeln in die
umliegenden Dörfer.

1852 Die Ietzten Bewohner verlassen die Siedlung. Die verlassenen Bauten
werden abgerissen, die Flächen aufgeforstet.

+++

Die Projektgruppe vom Geographischen Institut Mannheim hat 1985 bei ihren Grabungen sehr viel Altbestand wieder kenntlich gemacht. Hinzu kommt, daß nach den Orkanschäden des Jahres 1990 die ehemalige Hoffläche weitgehend geräumt und besonders gut zu überblicken ist.

++++

1 ) Die Namensdeutung stammt von Prof. Ernst Christmann. Über die Schreibweise - ß oder s -- sind sich die Autoren untereinander nicht einig. In den alten Karten und in der amtlichenTopographischen Karte 1:25 000 Lambrecht-Elmstein wird die Stelle mit s geschrieben.


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Seite 8 der Broschüre: .................

Der Wald im 18. Jahrhundert

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte
der durch die vorausgegangenen
Kriegsereignisse stark in MitIeidenschaft
gezogene Wald ,,Konjunktur''. Noch war
der Dreißigjährige Krieg nicht verdaut, da
war zwischen 1689 und 1697 im
Pfälzischen Krieg unter dem Belehl
,,Brulez Ie Palatinat'' schon wieder der
Feuerteulel im Land gewesen. Weniger
die Schlösser, aber die mit ihnen in
Schult und Asche gesunkenen Städte
und Dörfer mußten wieder aufgebaut
werden. Womit denn? - Mit Steinen und
Holz, Bauholz aus dem Wald. Die hohen
Menschenverluste unter der Bevölke-
rung waren durch Rückkehr und Zuwan-
derungen schnell wieder ausgeglichen
worden - Iggelbach beispielsweise
wurde hauptsächlich aus den Alpenlän-
dern neu besiedelt.
Der Wiederaufbau war ein Vorgang von
Jahrzehnten. Er forderte Stamm- und
Brennholz in großer Menge aus einem
Forst, der damals noch nicht nach den
späteren Gesichtspunkten planmäßig
bewirtschaftet wurde Und das in einer
Zeit allgemeiner Verwilderung, in der
Übergriffe der Gemeinden und Bauern in
den herrschaftlichen Waldungen an der
Tagesordnung waren, besonders wohl in
so entlegenen wie auf dem Geißkopf, der
mit Buchen und Eichen bestockt war.
Die schlimmste Nachwirkung jener
Kriege war, daß die zuvor gewonnenen
Erfahrungen über Behandlung und Pfle-
ge der Wälder, die Technik des Holzan-
baus und der Sinn für Nachhaltigkeit
verlorengingen und später erst mühsam
wieder aulgebaut werden mußten. Nach
dem Krieg verloren die Förster sehr an
Einfluß. Je mehr die Landesfürsten ihre
Macht entfalteten, um so mehr traten in
den Waldungen die Jäger an die Stelle
der Förster. Damit wurde eine Entwick-
Iung eingeleitet, die für den Wald nicht
günstig war.
Im Bemühen, die alten Ordnungen
wieder zur Geltung zu bringen, wurden
zahlreiche Verbote ausgesprochen und
die ohnedies bestehenden Erschwerun-
gen der Waldrodung verschärft. Um
auch aus den bisher noch unerschlos-
senen und daher kaum genutzten
Waldungen wenigstens einen beschei-
denen Gewinn zu erzielen, wurden
Waldungen an Harzer, Aschenbrenner
und Köhler gegen Zins verpachtet.
Der 1701 geborene Andreas Bügler war
ein solcher Harzer oder Harzbrenner. Er
ist zunächst bei der Geißwiese, später im
Landauer Stadtwald bezeugt.
Die Harzgewinnung wird schon vom
Pfälzer Kräuterkundler Hieronymus
Bock im Jahr 1577 beschrieben: „Dieser
Baum gibt vil Harlz von sich wann er
verwundt würt." Es gab zwei Arten der
„Verwundung'' (3), welche die Harzer, wie
die alte Berufsbezeichnung Iautet, der
Kiefer zufügten. Entweder wurden mit
einem sogenannten Rinnermesser v-
förmige Rillen in den Stamm geschnitten
(und meist mit 25prozentiger Salzsäure
bespritzt, damit das Harz schneller fließt),
oder der Harzer schlug mit einem Dexel
- das war ein Beil mit quergestellter
Schneide - die Rinde ab und gewann
das Harz vom dort entblößten Stamm.
Harz war Ausgangsmaterial von Pech,
Teer und Terpentin.
Aus gewerblicher Sicht war diese Art der
Harzgewinnung nicht wirtschaftlich. Man
ging deshalb dazu über, in speziell
gebauten Harzöfen das Harz aus totem
Holz, meist aus kienreichen Wurzel-
stücken, auszuschwelen, indem man es
aus dem abziehenden Rauch destillierte.
Wurde das Produkt, Harz oder Holzteer,
nochmals erhilzt, war daraus Holzöl oder
Kienöl zu gewinnen. Der Rückstand
davon, eine schwarzglänzende starre
Masse, war als Schusterpech zum
Abdichten von Weinfässern und Rhein-
nachen und zur Herstellung von Pech-
fackeln und Glaserkitt zu verwenden. Die
einst weite Verbreitung dieses alten
Gewerbes zeigt sich noch heute in den
insgesamt 46 verschiedenen Flur- und
Siedlungsnamen in der Pfalz (3), die sich
wie beispielsweise der Elmsteiner Orts-
teil Harzofen darauf beziehen.
Die entlegene und vermeinllich nur mit
dem Auto zu erreichende Gegend war
damals durchaus nicht menschenleer.
Ruby geht davon aus, daß es in der
Umgebung des Geißkopfes Köhler,
Harzbrenner, Pottaschsieder (6) und an-
dere gab, die in dürftigen Hütten hausten.
Er berichtet von Wild- und Holzdieben,
von Brandschatzung und widerrechtli-
cher Vieh-Waldweide zum Nachteil des
Waldes.

_GRENZLAND _

Der Walddistrikt Ge~ßkopf (1728 auch
Gauchsberg genannt) war immer
Grenzland. In alter Zeit gehörte er zur
Unterfrankenweide. 1602 wird er in der
Velmann'schen Grenzbeschreibung
wohl deshalb als Frankberg bezeichnet.
Um 1300 gehörte er zum „Falckenburger
Gewäldt'' und als kaiserliches Lehen
zusammen mit der zum Schutz der
Unteren Frankenweide gebauten Fal-
kenburg bei Wilgarlswiesen den Grafen
von Leiningen. Später kam diese Pfand-
schaft an den Kurfürsten von der Pfalz,
der sie wieder an die Leininger verlieh.
Dabei fielen diesen drei Viertel, dem
kurfürstlichen Hause ein Viertel der
Einkünfte zu. Dieses Viertel kam 1410
nach dem Tod des pfälzischen Kurfür-
sten und deutschen Königs Ruprecht III.
bei der pfälzischen Teilung an die Linie
Pfalz- Zweibrücken.
Die Kurplalz mit Sitz in Heidelberg wurde
damals in vier Linien an die vier
überlebenden Söhne Ludwig (Kurwürde
und Kurpfalz), Johann (Oberpfalz), Ste-
phan (Simmern- Zweibrücken-Veldenz
und Simmern-Sponheim) und Otto
(Pfalz-Mosbach) aufgeteilt. Diese Tei-
Iung war freilich weit verzwickter als es in
dieser knappen Aufzählung den An-
schein hat, aber noch gar nichts gegen
alle nachfoIgenden pfälzischen Teilun-
gen, bei denen sich in den folgenden
Jahrhunderten über 20 Linien bildeten -
die bayerischen dabei noch nicht einmal
mitgezählt. Von all diesen Linien, die das
ohnehin nicht große pfälzisch-wittelsba-


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Fotos





























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